Nach einem herausfordernden Saisonauftakt 2024 sieht die Wassersportwirtschaft einen Silberstreif am Horizont. Das wurde im Branchengespräch der 63. Interboot in Friedrichshafen am Donnerstag, 26. September, deutlich. Ausstellende Unternehmen und vertretene Firmen berichten von einem durchweg interessierten Publikum zum Messe-Auftakt und einem gelungenen Start am Mittwoch. „Wir wollen uns als Messe stetig weiterentwickeln und die Interboot auf die Bedürfnisse unserer ausstellenden Unternehmen und die der Besuchenden zuschneiden“, betont Interboot Projektleiter Felix Klarmann. „Unser aktueller Slogan lautet ‚Auf zu neuen Horizonten‘. Das trifft dieses Jahr mehr denn je zu, denn nicht nur die Laufzeit wurde komprimiert, es wurde auch jede Menge am Programm verändert, breiter aufgestellt und neu konzipiert.“
„Die Talsohle scheint durchschritten“
Erste Lichtblicke nach einer düsteren Halbjahresbilanz erkennt auch der Bundesverband Wassersportwirtschaft (BVWW). „Die Events der vergangenen Wochen haben gezeigt, dass die Talsohle erst mal durchschritten sein dürfte“, sagt BVWW-Geschäftsführer Karsten Stahlhut, „es kommt wieder vermehrt zu Abschlüssen und Boote werden verkauft.“ Es sei allerdings nach den außergewöhnlichen Corona-Jahren nun ein Käufermarkt, in dem die zuletzt drastisch angestiegenen Preise wieder bröckelten. Ein großes Angebot an Gebrauchtbooten drücke zusätzlich auf den Absatz. Rabattaktionen vor allem auf Lagerboote oder kostenfreie Extras seien die Folge, von denen Endverbraucher profitierten.
Jüngere Generation steigt zunehmend in den Wassersport ein
Bei Boote Pfister in Schwebheim, einem der größten Aussteller der Interboot, gab es zuletzt 20 Prozent auf den Bestand. Die Erwartungen vom Messegeschäft sind hoch. „Wir müssen Vollgas geben und glänzen“, sagt Verkaufsleiter Dennis Pfister, „das Jahr war bis in den Juli hinein schon ziemlich holprig.“ Er nannte die mäßige Witterung, das Zinsniveau und Verbotssorgen durch die Umweltpolitik als Gründe. „Im Homeoffice verkaufen wir kein einziges Boot mehr. Nur wer proaktiv auf das Publikum zugeht, kann es auch überzeugen“, ist Dennis Pfister überzeugt. Pfister baut vor allem auf den anstehenden Generationswechsel bei der Kundschaft, für die der Lifestyle in der Freizeit rund um das Boot immer wichtiger werde. Zunehmend würden Jüngere in den Wassersport einsteigen, müssten allerdings für ein 5,50- oder 6,50-Meter-Boot inzwischen deutlich mehr hinblättern. „Was vor sechs Jahren um die 50.000 Euro gekostet hat, liegt jetzt bei fast 80.000 Euro. Das können sich weniger Eigner leisten.“ Da müssten sich auch die Hersteller bewegen, um den Einstieg erschwinglich zu halten. Dennis Pfister sieht 2024 als erstes wirklich vergleichbares Jahr nach dem Corona-Boom. „Noch liegen wir etwas unter dem Niveau von 2017/18, aber da wollen wir spätestens 2026 wieder hin.“
Ist regenerativer Kraftstoff die Zukunft der Schifffahrt am Bodensee?
Den altersbedingten Umbruch beobachtet auch Sonja Meichle, Geschäftsführerin bei Ultramarin Meichle + Mohr. „Es kommen jüngere Menschen zu uns, die mehr nach Segelbooten als nach Motoryachten fragen. Das liegt auch an der Zukunftsdiskussion, was künftig überhaupt noch erlaubt sein wird auf dem Bodensee.“ Eine Lösung ist für sie Klimadiesel HVO, der bei Ultramarin seit 2023 ausschließlich verkauft und stark nachgefragt wird. Die Umsätze bei Booten konzentrierten sich indes weitgehend auf Gebrauchte, die angesichts der teurer gewordenen Neumodelle teils ohne großen Wertverlust wieder angeboten würden. „Im August haben wir zehn Secondhand-Boote verkauft, aber kein einziges neues“, so Sonja Meichle. Selbst eine gängige 29-Fuß-Motoryacht mit Liegeplatz sei stehengeblieben, vor Jahresfrist noch undenkbar. Seit den Sommerferien habe sich das Blatt aber gewendet.
Quakka-Muschel bereitet Bootseignern große Sorgen
Ähnlich verlief das Wirtschaftsjahr in der Schweiz, wo der eidgenössische Boot Bauer-Verband in der ersten Hälfte von vielen Mitgliedern Umsatzrückgänge gemeldet bekam, bei mittelgroßen Motorbooten sogar von rund 40 Prozent. Einzig die Oberklasse sei gefragt gewesen wie eh und je. Vorstandsmitglied Markus Boesch verwunderte das nicht, seien doch zuvor vielerorts Überkapazitäten aufgebaut und eine unrealistische Preispolitik betrieben worden. „Bis Juli war es im Verkauf sehr ruhig. Nach der Ernüchterung zieht die Nachfrage aber allmählich wieder an“, beobachtet Boesch, dessen eigene Holzbootmanufaktur durch Stammkunden konjunkturresistenter sei. Zudem sei der Refit- und Werkstattbereich durch heftige Gewitterschäden aus dem Frühsommer nahezu ausgebucht. Große Sorge bereitet den Schweizern die invasive Quagga-Muschel, die zahlreiche Binnengewässer befallen hat. Die Muschel verstopft die Querschnitte aller Rohrdurchlässe und macht die Boote dadurch unbrauchbar. „Der Genfer See ist bereits komplett verseucht“, erläutert Boesch, „aber auch im Vierwaldstädter See und am Bodensee wächst das Problem stetig.“ Die Quagga-Muschel hat keine natürlichen Feinde und breitet sich daher ungehindert weiter aus. Einige Kantone hätten deswegen bereits eine Melde- und Reinigungspflicht für Wanderboote in Kraft gesetzt, worunter der Tourismus leiden könnte.
Tauchbranche erholt sich nach den Pandemie-Jahren
Auf der seit Donnerstag parallel stattfindenden InterDive überwiegt der Optimismus. Die Tauchbranche hatte durch die starken Reisebeschränkungen in der Pandemie erhebliche Einbußen zu verzeichnen. „Nach vielen Abgängen bis vor zwei Jahren freuen sich die knapp 900 Vereine in Baden-Württemberg als größtem Landesverband wieder über Tauchanfänger in 2024“, berichtet Mark Niederhöfer, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Sporttaucher (VDST). Das schlage sich auch beim Gerätehandel und den Reiseanbietern in die weltweiten Destinationen nieder. Mark Niederhöfer begrüßt das Kombiticket mit der Interboot: „Bootfahren und Tauchen bedingen sich einander. Hier in Friedrichshafen ist der gemeinsame Treffpunkt für alle Wassersportfans.“